Scheidungsväter

Scheidungsväter

Einband:
Paperback
EAN:
9783593382166
Untertitel:
Wie Männer die Trennung von ihren Kindern erleben
Genre:
Sachbücher Gesellschaft
Autor:
Gerhard Amendt
Herausgeber:
Campus Verlag GmbH
Auflage:
1. Aufl. 08.2006
Anzahl Seiten:
308
Erscheinungsdatum:
01.08.2006
ISBN:
978-3-593-38216-6

Väter brauchen ihre Kinder

Heute wird fast jede zweite Ehe geschieden, in mehr als der Hälfte davon gibt es Kinder. Zumeist leben die Kinder dann bei der Mutter, während Väter häufig um die Zeit mit ihren Kindern kämpfen müssen: Doch dieser Kampf lohnt sich, denn Kinder brauchen ihre Väter, so wie Väter ihre Kinder.

Vorwort
Väter brauchen ihre Kinder

Autorentext
Gerhard Amendt ist Professor am Institut für Geschlechter- und Generationenforschung an der Universität Bremen und seit 2002 emeritiert. Seit 2000 befragte er in einem Forschungsprojekt mehr als 3 600 Scheidungsväter zu ihren Erfahrungen. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zum Verhältnis der Geschlechter.

Leseprobe
Wenn Kinder über die Beziehung entscheiden sollen - August S. Als August S. sich von seiner Frau trennte, war er gerade 30 Jahre alt. Heute, im Alter von 48 Jahren, beschäftigt ihn noch immer, was sich damals ereignet hat. Seine Gefühle und seine Träume werden weiterhin von der Frage beherrscht: War er ein guter Vater, war er überhaupt ein Vater und wie erlebte Daniela, seine Tochter, seine Art der Väterlichkeit? Den starken Wunsch, für seine Tochter da zu sein, hat August S. in all den Jahren seit der Scheidung nicht aufgegeben, und doch quält ihn, dass er keinen, geschweige denn einen selbstbewussten Weg gefunden hat, ihr ein Vater zu sein, den sie anerkennen kann und den sie liebt. In der Zeit nach der Trennung wurde August S. immer unsicherer, ob er Daniela, die nun bei der Mutter lebte, seine väterliche Zuneigung und Sorge überhaupt zeigen sollte und wenn ja, in welcher Form. Er sah sich vor eine wichtige Entscheidung gestellt. Doch diese für die Zukunft so bedeutsame Entscheidung traf er nicht selbst, sondern er überließ sie seiner Tochter. Sie sollte bestimmen, ob sie ihren Vater weiterhin sehen wollte. Daniela war zu dieser Zeit gerade 5 Jahre alt. Ungewöhnlich, wie diese Anforderung von August S. an seine Tochter war, hat sie sie gänzlich überfordert. So überließ er es ihr, darüber zu bestimmen, ob es für sie eine gemeinsame Zukunft mit ihrem Vater geben sollte. Das Mädchen entschied sich schließlich, aus einer plötzlichen Laune heraus, wie August S. berichtet, aus Missmut oder Enttäuschung in recht kindlicher Weise für den Rückzug vom Vater. Noch achtzehn Jahre nach dieser schmerzhaften Entscheidung ist August S. in gewisser Weise stolz, dass er der Tochter mit seinem Wunsch nach Väterlichkeit nicht zu nahe getreten ist und die Entscheidung der Fünfjährigen noch immer respektiert. August S. heiratete in sehr jungen Jahren seine Jugendfreundin, von der er sagt, dass sie mit großen psychischen Problemen belastet war. Nach der Geburt von Daniela verschärfte sich die Situation immer mehr. Immer wieder kam es zu längeren Klinikaufenthalten seiner Frau. August S. übernahm die Pflege des Kindes. Schließlich wurde ihm die Belastung zu groß und er beendete die Beziehung. Nach acht Jahren wurde die Ehe geschieden. "Zum Zeitpunkt der Trennung war Daniela 4 Jahre alt. Es waren vier Jahre, in denen ich mich überwiegend um meine Tochter gekümmert habe. Daneben gab es die Krankheitsgeschichten mit meiner Frau. Mehrere Krankenhausaufenthalte mit langen Therapien und einer Zuspitzung nach wiederholten Selbstmordversuchen, die schon Zeichen an mich gewesen sind. So habe ich das jedenfalls verstanden. Aber ich konnte damit nicht umgehen. Zu diesem Zeitpunkt war ich selber in einer begleitenden Therapie. Und als meine Frau den letzten Versuch einer eigenen Therapie gar nicht erst begonnen hatte, war das für mich ein spontaner Entschluss zu sagen: Ich kann diese Beziehung nicht mehr halten! Und das war dann ein sehr spontaner Bruch, aber einer, der eine Entscheidung nach einer langen Kette von immer wieder angestrengten Bemühungen ohne Ergebnis war. Und mir war die Trennung in dieser Situation nicht anders möglich als meine Sachen zu packen und zu gehen. Daniela ist zunächst bei meiner Frau geblieben." Die Trennung verletzte Frau S. dermaßen, dass sie nicht bereit war, an einer einvernehmlichen Besuchsregelung mitzuwirken. Weil die Gespräche darüber sich als äußerst schwierig erwiesen, überlegte August S., das alleinige Sorgerecht zu beantragen. Dass er damals zögerte, diese Entscheidung zu treffen, bewertet er nachträglich als Fehler. "Ich wollte das alleinige Sorgerecht für mich beantragen. Es hat auf Empfehlung sowohl des Anwaltes als auch eines Psychiaters, den wir herangezogen hatten, ein Beratungsgespräch gegeben. Daran nahm auch die Patentante meiner Tochter teil, zu der inzwischen schon lange jeglicher Kontakt abgebrochen ist. Wir haben sehr eingehend beraten und haben die Gefahr letztendlich gesehen, dass gar keine Beruhigung sich einstellen wird, wenn ich das Sorgerecht beantrage, weil da mit meiner vollen Zustimmung meiner Frau Besuchsrechte einzuräumen gewesen wären. Angesichts der großen psychischen Labilität meiner geschiedenen Frau und der verrückten Möglichkeit, dass sie zum Beispiel das Kind auf der Straße aufgreifen und nicht wieder rausrücken würde und all solche Sachen, haben wir die Bedrohlichkeit sehr hoch eingeschätzt. Gleichwohl würde ich aus heutiger Sicht sagen, dass man ganz anders an eine solche Entscheidung herangehen muss, als wir das damals getan haben." Seine zögerliche Haltung begründet August S. immer wieder mit dem psychischen Zustand seiner Exfrau. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich aber, dass die Schwierigkeiten in seiner Beziehung zur Tochter weniger von seiner Exfrau herrühren als von seiner eigenen Unsicherheit. Er zweifelte offenbar an seiner Fähigkeit, Daniela ein hinreichend selbstbewusster Vater sein und ihr eine beschützte Kindheit bieten zu können. Sein Bestreben, sich zurückzuhalten und das Kind entscheiden zu lassen, zieht sich fortan wie ein roter Faden durch seine Beziehung zu Daniela. Nach der Trennung sieht August S. seine Tochter nicht so oft, wie er sich das gewünscht hätte. So wird der Vierzehn-Tage-Rhythmus der Besuche, wie das bei Geschiedenen sehr oft der Fall ist, nicht eingehalten, weil die Exfrau das Recht des Vaters auf sein Kind und das Recht des Kindes auf seinen Vater nicht sonderlich ernst nimmt. Inzwischen hat August S. eine neue Partnerin, die eine Tochter aus ihrer ebenfalls geschiedenen Ehe mit in die Partnerschaft brachte. In dieser neuen und für Daniela - wie für jedes andere Kind - erst einmal ungewohnten und befremdlichen Situation äußert sie plötzlich den Wunsch, die Besuche beim Vater einzustellen. Sie will ihn nicht mehr sehen. Zugleich heißt das wohl auch, dass sie seine neue Partnerin nicht um sich haben will. Auch das ist für Kinder in dieser Situation nichts Ungewöhnliches. Es fällt ihnen schwer, die neue Frau an der Seite des Vaters zu akzeptieren, die unerwünscht ist, weil sie als der Anlass wahrgenommen wird, dass die Mutter nicht mehr beim Vater ist. Das hat damit zu tun, dass Kinder, zumal im Alter von Daniela, die Endgültigkeit der Trennung ganz und gar nicht akzeptieren können. Die Krankheit der Mutter, die das Kind sicher belastet, spielt dabei zweifellos nur eine geringe Rolle. Bedeutsamer ist da schon die Tochter der neuen Lebensgefährtin ihres Vaters. Das andere Mädchen ist eine Rivalin um die knappe väterliche Gunst. Es ist dieselbe Rivalität, die auftritt, wenn Geschwister geboren werden. Es bedarf des elterlichen Trostes und der Versicherung, dass die Veränderung nicht das Ende der elterlichen Liebe bedeutet, auch wenn sie mit einem anderen Kind geteilt werden muss. Zumeist übernimmt der Vater die tröstende Rolle, der mit dem Säugling weniger intensiv verbunden ist als die Mutter in der Zeit nach der Geburt. Er versichert durch seine Nähe dem größeren Kind, dass der Säugling ihm nicht die Liebe der Eltern nimmt. Vor diesem Hintergrund trifft Daniela eine leicht nachvollziehbare hochemotionale Entscheidung, wie sie kein Erwachsener treffen würde, der alle Aspekte erwogen hat. Ihr Zorn über die Rivalin und die Trauer über den Verl…


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