Untertitel:
Macht und Magie der Imagination
Genre:
Allgemeine & vergleichende Literaturwissenschaft
Autor:
Franz Karl Stanzel
Herausgeber:
Böhlau, Wien
Erscheinungsdatum:
31.03.2008
Telegonie (Fernzeugung) bezeichnet die Annahme, dass der bloße Gedanke eines der beiden Partner im Zeugungsakt an eine dritte Person formativen Einfluss auf das gezeugte Lebewesen erlangen könne. "Der Kaufmann von Venedig" oder die Wahlverwandtschaften sind bekannte Beispiele dieses Motives. Beginnend mit Heliodors Äthiopischen Fabeln, ist Telegonie in den westlichen Literaturen von der Antike bis in die Gegenwart kontinuierlich nachweisbar. So erlebt das Interesse der Literaten an dem Motiv, gerade nach seiner naturwissenschaftlichen Diskreditierung im 19. Jahrhundert, eine auffällige Renaissance, etwa bei E. Zola, H. Ibsen, Th. Hardy, A. Schnitzler, J. Joyce u. a. Dazu scheinen von Weiningers Geschlecht und Charakter (1903) kräftige Impulse ausgegangen zu sein.Besonders aufschlussreich wird die Interpretation des Motives im Kontext der Gender-Studies und der diskutierten Frage nach Verantwortung der Frauen für Missbildungen bei Neugeborenen.
Autorentext
Franz K. Stanzel, emer. o. Professor der Englischen Philologie an der Universität Graz, wirkliches Mitglied der philosophisch-historischen Klasse.
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