Osternachtfeiern als liturgisches Ritual

Osternachtfeiern sind im Gottesdienstprogramm vieler Kirchengemeinden seit einigen Jahrzehnten fest etabliert. Sie lassen den eigentlich unverfügbaren Durchgang (Transitus) vom Kreuz zur Auferstehung für die Feiernden erfahrbar werden. Die vorliegende Dissertation gibt einen Überblick über die Geschichte der Osternachtfeiern und untersucht die Gestalt dieser im Kirchenjahr herausgehobenen Gottesdienste anhand aktueller Ritualtheorien. Sieben Dimensionen (die anthropologische, soziokulturelle, ethisch-dynamische, transzendente, performative, strukturelle und reflexiv-kritische Dimension) beleuchten jeweils Teilaspekte der Feiern und ergeben so ein umfassendes Bild. Dieses wird durch empirische Untersuchungen und eine Analyse der unterschiedlichen Elemente der Feiern abgerundet. [Easter Vigil as liturgical ritual: The heart of the church's year in the perspective of ritual theory] This dissertation gives a historical overview of the Easter Vigil service. It examines the form of this outstanding service by taking into account modern ritual studies. For decades, services held on the night before Easter have been well established in many congregations. By making this event comprehensible, believers celebrate the actual unavailable transition from the cross to the resurrection. To go deeper, this work considers seven aspects of the celebration: the anthropological, socio-cultural, ethically-dynamic, transcendent, performative, structural, and reflexive-critical dimension. Together they give a broad picture of this exceptional service. Additionally, empirical examinations and a presentation of the elements of the Easter Vigil round up the analyses.

Autorentext
Victor vom Hoff, Dr. theol., Jahrgang 1980, studierte in Hamburg, Beirut, Berlin und Heidelberg Evangelische Theologie. Seit 2012 ist der vierfache Familienvater Pfarrer an der Stiftskirche in Mosbach (Baden) mit einem Schwerpunkt in der Citykirchenarbeit. Die vorliegende Heidelberger Dissertation entstand so am Schnittpunkt von Theorie und Praxis.

Inhalt
INHALT Einleitung 13 I Theorie: Gottesdienst als liturgisches Ritual 17 1 Liturgiewissenschaft und Ritualwissenschaft im Gesprach 19 1.1 Rituale - Annaherungen an einen vielseitigen Begriff 19 1.2 Der Gottesdienst als Ritual aus liturgiewissenschaftlicher Sicht 23 1.2.1 Evangelische Liturgiewissenschaft 24 1.2.2 Romisch-katholische Liturgiewissenschaft 31 1.2.3 Begriffsklarung: Ritual Ritus liturgisches Ritual 35 1.3 Altere Ritualtheorien 38 1.3.1 Altere Forschungsgeschichte 38 1.3.1.1 Psychologische Theorien 38 1.3.1.2 Soziologische Theorien am Beispiel von Emile Durkheim 40 1.3.2 Kulturanthropologische Theorien (Arnold van Gennep & Victor Turner) 41 1.4 Ritual Studies/Neuere Ritualwissenschaften 44 1.4.1 Ortsbestimmung 44 1.4.2 Ambivalenz und Dynamik des Ritualbegriffs 47 1.4.3 Liturgie aus Sicht der Ritualwissenschaften: ein ritueller Sonderfall 49 1.4.4 Beispiel fur eine neuere, mehrdimensionale Ritualtheorie: Axel Michaels 51 1.5 Abschließende Bemerkungen 53 2. Das liturgische Ritual: Elemente liturgiewissenschaftlich rezipierbarer Ritualtheorien fur den Gottesdienst 54 2.1 Die anthropologische Dimension des Rituals: korperlich-leibliches Erleben 55 2.2 Die sozio-kulturelle Dimension des Rituals: Sichtbarkeit und Bedeutung 61 2.3 Die ethisch-dynamische Dimension des Rituals: Wirkung uber das Ritual hinaus 65 2.4 Die transzendente Dimension des Rituals: Das Heilige 69 2.5 Die performative Dimension: der Auffuhrungscharakter des Rituals 74 2.6 Die strukturelle Dimension des Rituals: Formvarianz und Design 83 2.7 Die reflexiv-kritische Dimension: Erneuerung und Veranderung 90 2.8 Zusammenfassung & Bewertung 93 II Die Gestalt der Osternachtfeiern 95 3 Ritualgeschichte I: Biblische Grundlegung 97 3.1 Die Wurzeln von Ostern 97 3.2 Das Verhaltnis von (fruh-) judischem Pesachfest und christlichem Osterfest 99 3.2.1 Pesach im judischen Schrifttum (Tanach) 99 3.2.2 Pesach zur Zeit des Zweiten Tempels 102 3.2.3 Passa im Neuen Testament 105 3.2.3.1 Christus-Passa-Typologie 106 3.2.3.2 Das letzte Abendmahl Jesu als Passa-Mahl 109 3.3 Weitere neutestamentliche Entwicklungslinien zum christlichen Osterfest 111 3.3.1 Das Ereignis der Auferstehung Jesu und die Ostererscheinungen 112 3.3.2 Urchristliche Transformation von Zeichenhandlungen und Gottesdienst 113 3.3.2.1 Abendmahl und Taufe 114 3.3.2.2 Das Verhaltnis von Sabbat und Sonntag 115 3.4 Osterfeiern im Neuen Testament, 117 3.5 Zusammenfassung/abschließende Uberlegungen 118 4 Ritualgeschichte II: Die Osternachtfeier in der Geschichte bis zur Gegenwart 121 4.1 Ostern und Osternachtfeiern in der fruhen Christenheit 121 4.1.1 Die quartadezimanische Osterfeier 122 4.1.2 Die Einfuhrung der sonntaglichen Osternachtfeier im 2. Jahrhundert 126 4.1.3 Exkurs: Der Ostertermin 128 4.1.4 Pascha als geistige Teilhabe an Christus: Origenes 130 4.1.5 Osternacht bei Augustin: »Unser Ubergang vom Tod zum Leben« 133 4.1.6 Die Osterfeier Jerusalems im 4./5. Jahrhundert 135 4.1.7 Zusammenfassung: Osternacht in der Alten Kirche 139 4.2 Umfunktionalisierung der Osternachtfeier im Mittelalter 141 4.3 Osternachtfeiern zur Zeit der Reformation und der folgenden Jahrhunderte 148 4.4 Die Wiederentdeckung der Osternachtfeiern im20. Jahrhundert 152 4.4.1 Die Erneuerung der Osternachtfeiern in der romisch- katholischen Kirche 154 4.4.2 DieWiederentdeckungderOsternachtfeiernin evangelischen Kirchen 159 5 Osternachtagenden 164 5.1 »Die Feier der Osternacht« der Michaelsbruderschaft 165 5.2 Osternachtliturgie der evangelisch-reformierten Kirchen in der deutschsprachigen Schweiz 171 5.3 »Die Feier der Osternacht« der Evangelischen Landeskirche in Baden 174 5.4 Die »Osternacht« in der Agende »Passion und Ostern« der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) 179 5.5 Entwurfe von Osternachtfeiern 182 5.5.1 Lisa Neuhaus: »Ostermorgen/Osternacht« 182 5.5.2 Arno Schmitt: »In dieser Nacht. Feier der Osternacht mit Taufe, Tauferinnerung und Eucharistie« 184 5.5.3 Nadja Papis-Wuest: »Osternacht elementar« 186 5.5.4 Weitere Entwurfe und Feiern der Osternacht und Ganznachtfeiern 188 6 Umfragen zur Durchfuhrung von Osternachtfeiern 190 6.1 Umfrage im Bereich der Evangelischen Landeskirche in Baden (Ostern 7./8. April 2012) 190 6.1.1 Umfrageformat 190 6.1.2 Zeitpunkt und Uhrzeit 191 6.1.3 Inhaltliche Gestaltung 192 6.1.4 Zusammenfassende Beobachtungen 194 6.2 Umfrage in den Kirchen des romisch-katholischen Dekanats Wurzburg-Stadt 1984/2010 195 7 Die Elemente der Osternacht 197 7.1 Dunkelheit und Licht 197 7.2 Vigil/Nachtwache/Heilsgeschichtliche Lesungen mit Antwortgesang und Gebet 201 7.3 Lichtfeier 204 7.3.1 Osterfeuer 205 7.3.2 Osterkerze 206 7.3.3 »Lumen Christi« und Kerzenritus 208 7.3.4 Osterlobpreis: Das Exsultet 210 7.4 Osterverkundigung und Bekenntnis/Antwort der Gemeinde 214 7.5 Tauffeier/Tauferinnerungsfeier 216 7.6 Osterliche Mahlfeier 219 7.7 Musik und Gesang 220 7.8 Weitere Elemente und Traditionen der Osternacht 221 III Auswertung: Osternachtfeiern als liturgisches Ritual 225 8 Eine mehrdimensionale Betrachtung von Osternachtfeiern als ritualtheoretische Analyse 227 8.1 Die anthropologisch-korperliche Dimension des Rituals 227 8.2 Die sozio-kulturelle Dimension des Osterfestes und der Osternachtfeiern 232 8.3 Die ethisch-dynamische Dimension: Osterliche Transformation 235 8.4 Die transzendente Dimension der Osternachtfeiern 237 8.5 Die performative Gestaltwerdung von Osternachtfeiern 239 8.5.1 Rollenubernahme und Wahrnehmungsraum der Teilnehmenden 240 8.5.2 Die dramatische Auffuhrung der Osternachtfeier als Ereignis 243 8.6 Die strukturelle Dimension von Osternachtfeiern: Varianten und Kontext 245 8.6.1 Die Stellung der Lichtfeier 247 8.6.2 Der Ort von Tauffeier und Tauferinnerung 249 8.6.3 Die Predigt in der Osternachtfeier 251 8.6.4 Osternacht als Ganznachtfeier 254 8.6.5 Einbettung der Feier in die »drei heiligen Tage« und ihr Verhaltnis zum Karfreitag und O…

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