Ritual und Gewalt

Ritual und Gewalt

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783518584910
Untertitel:
Ethnologische Studien an europäischen und mediterranen Gesellschaften
Genre:
Volkskunde
Autor:
Thomas Hauschild
Herausgeber:
Suhrkamp Verlag AG
Auflage:
1. Auflage
Anzahl Seiten:
258
Erscheinungsdatum:
15.05.2008
ISBN:
978-3-518-58491-0

Noch in den 1980er Jahren galten religiös motivierte Rituale hierzulande als vom Aussterben bedrohte Spezies, als archaische Reste von bestenfalls folkloristischem oder unterhaltungsindustriellem Interesse, die in einer globalisierten, hochtechnisierten und zunehmend säkularisierten Welt keine Bedeutung mehr haben würden. Zwanzig Jahre später hat sich diese Situation gründlich geändert. Alte Rituale leben weiter, neue werden erfunden, importiert oder drängen aus anderen Weltgegenden nach Europa hinein. Gewaltexzesse, die scheinbar von außen in die westlichen Gesellschaften einbrechen, erweisen sich häufig als rituell grundiert und haben ihre europäischen Resonanzen und Gegenstücke. Angesichts dessen entwickelt Thomas Hauschild eine neue Sicht auf Rituale und deren Zusammenhang mit Ressentiment und Gewalt. Jenseits von Idealisierung und Dämonisierung, von "aufgeklärtem Westen" und "rückständigem Orient", von postkolonialem Denken und Wissenschaftsgläubigkeit versteht er Rituale als im Kern politisch neutrale Grenzphänomene an den Rändern textlich überlieferten Wissens, die weniger mit abstrakten politisch-religiösen Überzeugungen zu tun haben als mit den konkreten Lebensbedingungen der Menschen. Hauschild setzt daher auf die Mikroanalyse lokaler ritueller Praktiken und präsentiert höchst anschauliche ethnologische Studien europäischer Gesellschaften und des Mittelmeerraums. Die "Kultur" von Al Qaida wird ebenso untersucht wie die der sizilianischen Mafia, der "Ehrenmord", der "böse Blick" sowie andere magische und religiöse Riten und Fetischismen. Rituale erweisen sich dabei als wertvolle Kulturgüter, die nicht per se Nährboden für Fundamentalismen und Sektierertum sind, sondern aus denen sich wie aus anderen Kulturformen auch gleichermaßen gewalttätige wie friedfertige Konsequenzen ziehen lassen.

raquo;Migranten aus Sü;dosteuropa oder aus islamischen Lä;ndern, die hierzulande ihre plö;tzlich lebenslustig gewordenen Frauen umbringen, tun dies, wie man zu wissen glaubt, aufgrund eines Ehrenkodex, den sie aus ihrer Heimat mitgebracht haben. Wirklich? Ethnologen wie Hauschild haben im Mittelmeerraum nach diesem Ehrenkodex gesucht, ihn aber nicht gefunden. ... Er kommt daher zu dem Schluss, dass es sich in Wahrheit genau umgekehrt verhä;lt: »Ehrenmorde« im Westen werden nicht durch aus der Heimat mitgeschleppte Traditionen verursacht. Vielmehr sind sie ein Symptom dafü;r, dass den Zuwanderern im Westen gerade jene Familienbeziehungen und Traditionen fehlen, die ihnen in ihrer Heimat Halt und Orientierung gaben. ... Bedenkenswert auch die These des Ethnologen, dass lokale Kulte und Rituale entgegen der landlä;ufigen Ansicht gerade ein zivilgesellschaftliches Potenzial gegen fundamentalistischen Terrorismus darstellen, der eben nichts Archaisches, sondern ein hö;chst modernes Phä;nomen ist und lokale Kulte eher als Bedrohung begreife.«

Autorentext
Thomas Hauschild ist Professor für Ethnologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenburg sowie Mitherausgeber der Zeitschrift für Kulturwissenschaft. Gegenwärtig ist er Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin. Gastprofessuren führten ihn nach Rom, Neapel, New York und Aix-en-Provence.


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