Deutsch-jüdische Geschichtsschreibung im 20. Jahrhundert

Geschichtskonzeptionen und Herausforderungen des Wissenschaftstransfers ins Exil

Als eine der ersten akademisch ausgebildeten jüdischen Historikerinnen in Deutschland nimmt Selma Stern infolge des Ersten Weltkriegs ihre Studien zur Erforschung der jüdischen Geschichte auf. Unter dem Eindruck von Weimarer Republik und Nationalsozialismus, Flucht und Exil entstehen ihre Publikationen Jud Süß und Der preußische Staat und die Juden. Beide Werke, die Gegenstand der vorliegenden Untersuchung sind, gelten bis heute als bedeutende Beiträge zur deutsch-jüdischen Historiografie. Gleichzeitig spiegeln sie die Arbeitsweisen und -bedingungen in unterschiedlichsten materiellen, ideellen und politischen Kontexten wider. Ab 1920 an der Berliner Akademie für die Wissenschaft des Judentums angestellt, forschte Stern noch bis kurz vor ihrer Emigration im Jahr 1941 in Deutschland, bevor sie ihre Studien in den Vereinigten Staaten und in der Schweiz bis in die 1970er Jahre hinein fortsetzte. Den institutionellen Rahmen hierfür bildete das 1955 gegründete Leo Baeck Institute New York. Irene Aue-Ben-Davids Darstellung der vielschichtigen Werk- und Rezeptionsgeschichte Selma Sterns weist über die wissenschaftsgeschichtliche Bedeutung einer einzelnen Person weit hinaus: Sie zeigt Gründe, Formen und Probleme eines neuerlichen Wiederanknüpfens an eine deutsch-jüdische Geschichtsschreibung auf, deren Bezugsrahmen durch den Holocaust zerstört worden war.

Autorentext
Dr. Irene Aue-Ben-David ist Historikerin und leitet das Leo Baeck Institute Jerusalem.

Klappentext
As one of the first academically trained female Jewish scientists in Germany, Selma Stern began researching on Jewish history as a result of World WarI. Under the impression of the Weimar Republic, National Socialism, personal escape and exile she published her studies Jud Süß and Der preußische Staat und die Juden. These two works, the focus of the present study, are considered significant contributions to German-Jewish historiography. They also reflect the methods and conditions of working as a historian in the most different material, conceptual and political contexts. As staff member at the Berlin Academy for the Science of Judaism from 1920, Stern did research in Germany until shortly before her emigration in 1941, then continuing her research career in the US and Switzerland on into the 1970s. The institutional framework for that became the Leo Baeck Institute New York, established in 1955. Irene Aue-Ben-David's study of the multilayered history of Selma Stern's achievement points far beyond the a single historian's relevance in the history of science: her work and its reception illuminate underlying reasons, modalities and problems of reconnecting to a German-Jewish historiography whose reference framework had been annihilated by the Holocaust.

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