Deutsche Kultur - Jüdische Ethik

Deutsche Kultur - Jüdische Ethik

Einband:
Paperback
EAN:
9783593395166
Untertitel:
Abgebrochene Lebenswege deutsch-jüdischer Schriftsteller nach 1933
Genre:
20. Jahrhundert (bis 1945)
Herausgeber:
Campus Verlag GmbH
Auflage:
1. Aufl. 08.2011
Anzahl Seiten:
221
Erscheinungsdatum:
31.08.2011
ISBN:
978-3-593-39516-6

Viele deutsch-jüdische, aber vollständig assimilierte Schriftsteller sahen sich 1933 plötzlich entwurzelt. Obwohl manche emigrierten, waren sie zugleich gezwungen, sich erneut mit dem Judentum auseinanderzusetzen, mit dem sie sich nicht mehr identifizierten. Der Band beschreibt diese Situation anhand von Lebensgeschichten, aus denen die Treue der Juden zu deutscher Kultur und Sprache erschütternd sichtbar wird.

Autorentext
Renate Heuer (1928-2014), Dr. phil., war Germanistin und Lehrbeauftragte für deutsch-jüdische Literatur an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Seit 1983 bis zu ihrem Tod leitete sie das Archiv Bibliographia Judaica, Frankfurt am Main. Dessen Ziel ist es, den jüdischen Beitrag zur Kulturgeschichte von 1750 bis zur Gegenwart in seinem Gesamtumfang zu erfassen und bio- wie bibliographisch darzustellen.
L. Heid, PD Dr. phil., ist Historiker und Publizist in Duisburg.

Klappentext
Viele deutsch-jüdische, aber vollständig assimilierte Schriftsteller sahen sich 1933 plötzlich entwurzelt. Obwohl manche emigrierten, waren sie zugleich gezwungen, sich erneut mit dem Judentum auseinanderzusetzen, mit dem sie sich nicht mehr identifizierten. Der Band beschreibt diese Situation anhand von Lebensgeschichten, aus denen die Treue der Juden zu deutscher Kultur und Sprache erschütternd sichtbar wird.

Leseprobe
Die Epoche der Emanzipation verhieß den Juden Europas ein gleichberechtigtes Leben in einer christlich geprägten und dominierten Umgebungsgesellschaft, doch drohte dieser Prozess zugleich, sie von ihren Glaubenstraditionen zu entfremden. Das, was Juden in Deutschland seit Moses Mendelssohn, dem tapferen Aufklärer und Vorkämpfer der Emanzipation, zur deutsch-jüdischen Beziehungsgeschichte - besonders in den Jahren von 1870 bis 1933 - beigetragen haben, ist unbestritten. Als das deutsche Judentum am Anfang des 19. Jahrhunderts im Prozess seiner Emanzipation aus der Welt des Ghettos und der Isolierung heraustrat, begann ein einzigartiges Kapitel deutsch-jüdischer Beziehungen, das keine Parallele in all den andern Verflechtungen zwischen Juden und Nichtjuden hatte. Für Millionen Juden in Ost- und Mitteleuropa war Kultur gleichbedeutend mit deutscher Kultur. Ist es verwunderlich, dass die prophetische Vision einer geeinten, friedlichen Menschheit, von Gerechtigkeit für die Armen und Hilflosen bei den Juden auf fruchtbaren Boden fiel und nie vergessen wurde? Ist es verwunderlich, dass die Juden, als die Mauern des Ghettos fielen, in unverhältnismäßig großer Zahl zu denen gehörten, die die Ideale von Internationalismus, von Frieden und Gerechtigkeit proklamierten? Was von einem mundanen Standpunkt aus die Tragödie des Judentums war - der Verlust ihres Landes und Staates -, war für sie vom humanistisch-ethischen Standpunkt aus der größte: Da sie zu den Leidenden und Verachteten gehörten, waren sie in der Lage, eine Tradition des Humanismus und eine - ihre - Ethik zu entwickeln und zu bewahren. Was andererseits den Einfluss der Juden auf Deutschland betrifft, kann sich die Bedeutung des jüdischen Beitrags zur modernen deutschen Kultur mit keinem anderen europäischen Land vergleichen. Schon im Kaiserreich spielten Juden, wenn auch de facto nie gleichberechtigt und trotz der Gefährdung durch einen sich immer stärker artikulierenden Antisemitismus, eine wichtige Rolle in Wirtschaft und Industrie. Der Höhepunkt jüdischer Geistesleistungen wurde jedoch in der Weimarer Republik erreicht, die wohl eine der größten Kulturepochen deutscher Geschichte war. Gemeinsam war den meisten jüdischen Wissenschaftlern, Künstlern und Schriftstellern - und darin stimmten sie mit der übergroßen Mehrheit der in Deutschland lebenden Juden überein -, dass sie allen Kränkungen, Zurücksetzungen und Gefährdungen zum Trotz, stolz darauf waren, Juden und Deutsche zugleich zu sein, und es gar nicht für notwendig hielten, sich für die eine oder andere Seite zu entscheiden. Seit der Emanzipation bis zum Ende des 19. Jahrhunderts und der Proklamierung des zionistischen Programms hatten Juden in vielen Ländern alles getan, sich zu assimilieren. Juden in Frankreich oder England assimilierten sich gewissermaßen ohne besondere Anstrengung. Sie taten alles, um als gute Franzosen und Engländer zu erscheinen. Doch keine jüdische Gemeinschaft versuchte es mit solcher intellektuellen und emotionalen Anstrengung wie die deutsche. Deutsche Juden waren schließlich mit der deutschen Kultur so verwachsen, dass sie sich als Deutsche jüdischen Glaubens fühlten.

Inhalt
Inhalt Vorwort 7 Deutsche Kultur, jüdische Ethik Guy Stern 15 Anna Seghers: Jüdin und Kommunistin Rezeptionsgeschichte und literarische Qualität Renate Heuer 25 Die Wurzeln von Friedrich Wolfs Poesie und Dramatik in der jüdischen Ethik Karin Schlootz 47 Sigmund Freud und Arnold Zweig - Psychogramm einer Freundschaft Ludger Heid 73 Fremd - In der Fremde - Daheim Zwei deutsche Karrieren in der Zeit des III. Reichs: Fritz Lang und Ernst Lubitsch Dieter Brockmeyer 96 Etta Federn (1883-1951): Befreiende Dichtung und libertäre Pädagogik Marianne Kröger 115 "Eure Dichter sind auch meine " - Karl Wolfskehl (1869-1948) Ralph-Rainer Wuthenow 141 Philosophie und Philologie: Reflexionen über Rudolf Schottlaender Volker Riedel 157 Der Roman Tohuwabohu oder Gronemanns Sicht auf die Dinge Tilmann Gempp-Friedrich 167 Die Kunstwissenschaftlerin Margot Riess Manfred Bosch 187 Felix A. Theilhaber: "Judenschicksal. Acht Biographien" Renate Heuer 197 Autorinnen und Autoren 221


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