Die Hand über der ganzen Welt

Die Hand über der ganzen Welt

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783768197120
Untertitel:
Johann Friedrich Cotta - Der Verleger der deutschen Klassik
Genre:
Künstler- & Schriftsteller-Biografien
Autor:
Peter Kaeding
Herausgeber:
Klett-Cotta Verlag
Auflage:
1. Aufl. 2009
Anzahl Seiten:
493
Erscheinungsdatum:
05.03.2009
ISBN:
978-3-7681-9712-0

Zum 350-jährigen Cotta-Jubiläum eine kenntnisreiche und sehr lesbare Biografie aus der großen Zeit des geistigen Deutschlands. Mit viel ironischem Verständnis für den Widerstreit zwischen Ökonomie und geistigem Anspruch beschreibt Peter Kaeding den Lebenslauf des sicherlich bedeutendsten deutschen Verlegers.

1787 übernahm der 23 Jahre alte Johann Friedrich Cotta (1764 -1832) nach dem Jurastudium das nicht eben glanzvolle Familienunternehmen, die Cotta'sche Verlagsbuchhandlung in Tübingen. Als er starb, war er nicht nur der Buchhändlerfürst Deutschlands, Eigentümer zahlreicher Industrieunternehmen, sondern auch der Regent eines Zeitungsimperiums, dessen Glanz bis in unsere Tage strahlt. Fleiß, Fairness und ein Gespür für Themen, die die geistige Elite Deutschlands interessierten, machten diesen Mann, über dessen sparsamen Lebenszuschnitt mancher Zeitgenosse den Kopf schüttelte, zu einem intellektuellen Strategen.
Cotta gelang es nicht nur, unter seinem Verlagsnamen Autoren wie Goethe, Schiller, Hölderlin, Schelling, Alexander von Humboldt, Jean Paul und viele andere zu vereinen. Er schuf mit der europaweit berühmten »Allgemeinen Zeitung«, mit dem »Morgenblatt für gebildete Stände«, mit den »Horen« und einem ganzen Strauß von Frauenzeitschriften liberale Diskussionsforen, die nicht selten die Obrigkeit herausforderten.

Vorwort
Die erste große Cotta-Biographie - zum 350-jährigen Cotta-Verlagsjubiläum

Autorentext
Peter Kaeding, geboren 1942, war nach einem Musikstudium als Buchhändler und Sychronautor tätig und lebte seit 1977 freischaffend in Berlin. Er schrieb u. a. die Biographien »August von Kotzebue - Auch ein deutsches Dichter leben«, »Adolph von Knigge - Begegnungen mit einem freien Herrn« sowie den Roman »Die Avantgarde ist immer vorn«.Peter Kaeding ist im Dezember 2015 verstorben.

Leseprobe
zwei Kapitel als zusätzliche Leseprobe herunterladen - auf der Cotta-Jubiläums-Seite.

Kapitel 5
Um über die grenzen Württembergs hinaus bekannt zu werden, fehlt dem Verlag jedoch noch immer der berühmte Autor, der große Name, der ihn unter den anderen heraushebt und ihm einen unverwechselbaren Glanz verleiht. Des Öfteren hatte Cotta an seinen Landsmann Friedrich Schiller gedacht, aber als unbekannter Verlagsbuchhändler nach Jena zu schreiben und um ein Werk zu bitten, schien ihm zu gewagt, ja er hielt es für ausgeschlossen, dass der berühmte Mann auf sein Ansinnen eingehen könnte. Vielmehr fürchtete er, ihm als aufdringlicher Buchhändler in Erinnerung zu bleiben und damit jede spätere Verbindung von vornherein auszuschließen. Doch nun ist Schiller ins Vaterland zurückgekehrt. Von allen Seiten wird ihm Verehrung entgegengebracht, und Cotta ist sich sicher, dass er nicht nur den Wein vom Neckar genießt, sondern auch das gute Gefühl, ein Schwabe zu sein.
Welcher Zeitpunkt wäre geeigneter, ihn zu bitten, eines seiner Werke im Vaterland zu verlegen? Direkt bei ihm anfragen möchte Cotta auch jetzt nicht. Taktvolle Zurückhaltung scheint ihm der verlässlichere Weg zum Erfolg zu sein. Er bittet den Lyriker und Epigrammatiker Johann Friedrich Haug zu vermitteln. Auf der Militärakademie gehörte er zum Kreis Schillers und darf sich rühmen, zu dessen Anthologie auf das Jahr 1782 Gedichte beigesteuert zu haben. Haug ist gern bereit, seinem Freund den Wunsch zu erfüllen. Er schreibt dem einstigen Gefährten und legt dem Brief neben eigenen Schriften von Cotta erhaltene Schriftproben bei, damit der Adressat sieht, dass der empfohlene Verleger allen ästhetischen Ansprüchen gewachsen ist.
Bald darauf erhält Haug die mit Spannung erwartete Antwort. Schiller dankt seinem lieben Freund für die Schriften und die Mühe, die er auf sich genommen hat. Allein seinetwegen würde er gern Herrn Cottas Wunsch erfüllen, nur gibt es zurzeit nichts, was er ihm anbieten könnte. Die Philosophie des schönen Umgangs hat er zum Jahresende seinem Freund Göschen in Aussicht gestellt. Zwar hat der Leipziger Verleger sich dazu noch nicht geäußert, doch da die Schrift als Pendant zu Ueber Anmuth und Würde konzipiert ist, wäre es ihm am liebsten, wenn Göschen auch sie übernehmen würde. Sollte er allerdings sein Vorhaben wahrmachen und die Tragödie Die Johanniter schreiben, könnte er sich frei für einen Verlag entscheiden. Letztlich wäre Cotta mit einem dramatischen Werk ohnehin mehr gedient. »Doch müssen Sie ihm prevenieren, daß ich mit einer Tragödie, die mir 3 und 4 mal so viel Arbeit kostet, als die beste Schrift von historischem oder philosophischem Inhalt, etwas theurer bin. Unter 30 Karolin kann ich sie He[rr]n Cotta nicht lassen, und da muß er sehen, wie er mit dem Nachdruck zu recht kommt.« Einige Schriftproben haben Schiller gut gefallen, doch erwartet er von einem Verleger mehr, als dass er für schönen Druck und gutes Papier sorgt. »Beides kann gut gewählt seyn, aber wenn es an einer geschmackvollen Anordnung fehlt, ist alles vergebens.« Cotta ist mit der Antwort zufrieden. Er hat nicht erwartet, dass ihm Schiller sofort eines seiner Werke überlässt. Der Hinweis auf das neue Stück stimmt ihn zuversichtlich, in absehbarer Zeit zu einer konkreten Vereinbarung zu kommen. Gleich, wie viel Honorar er auch fordert, dem berühmten Landsmann ist es schon jetzt zugestanden.
In den nächsten Wochen nimmt eine noch wichtigere Angelegenheit Cottas Aufmerksamkeit in Anspruch. Das Beispiel seines Associés, der durch die reiche Heirat nicht nur frei von materiellen Sorgen ist, sondern auch noch über Mittel verfügt, um gestaltend zu wirken, hat auch bei Cotta den Wunsch geweckt, sich auf diese Weise seiner Kapitalarmut zu entledigen. Einige Male hat er sich bemüht, eine entsprechende Heirat anzubahnen, aber letztlich schlug jeder Versuch fehl. So wenig er bereit ist, den Verlag in Hinblick auf die Autoren als Lotteriespiel zu betreiben, so wenig ist er nun gewillt, auf die reiche Erbin zu warten und damit sein Privatleben dem Zufall auszuliefern. Er ist Schwabe genug, um überzeugt zu sein, sich den erwünschten Wohlstand auch durch unternehmerischen Fleiß schaffen zu können.
Am 11. Januar 1794 heiratet er die Pfarrerstochter Wilhelmine Haas aus Kilchberg. Auch sie ist gebildet, und da ihr Selbstbewusstsein dem Elisabeth Zahns in nichts nachsteht, entwickeln sich zwischen den Frauen schnell Animositäten. Elisabeth Zahn macht keinen Hehl daraus, dass sie Cottas Wahl für einen Missgriff hält. Das bisher gute Einvernehmen ist gestört. Noch Jahre später schreibt sie in ihren Erinnerungen über Wilhelmine: »... sie war weder reich noch schön und hatte ein bösartiges Herz. Verstand konnte man ihr nicht absprechen.« Cotta jedenfalls lässt auch nach dreißigjähriger Ehe keinen Zweifel daran aufkommen, dass er mit dieser Heirat sein »häusliches Glück begründete«. Vordergründig haben die Differenzen der Frauen keinen Einfluss auf das Verhältnis der beiden Geschäftspartner. Zahn hat bereits im Mai 1793 die bescheidene Wohnung verlassen und bewohnt seither mit seiner Frau ein für 4500 fl. von Professor Gmelin gekauftes Haus in der Langengasse.
Professor Abel, der an der Militärakademie Philosophie lehrte und den seither eine herzliche Freundschaft mit Schiller verbindet, lässt Cotta wissen, dass der berühmte Landsmann vom 11. bis 13. März Tübingen besucht. Im Hause Abels lernt Cotta den verehrten Dichter persönlich kennen. Die Stimmung ist gelöst, die Übereinstimmung ästhetischer und philosophischer Ansichten rasch festgestellt und die Sympathie zwischen Autor und Verleger offensichtlich. Die Erkenntnis, dass jeder auf seine Weise daran arbeitet, in den Menschen den Sinn für das Schöne zu wecken und sie aus ihrer selbstverschuldeten Unmündigkeit herauszuführen, macht Schiller zunehmend zu einer Zusammenarbeit geneigt. Ohne jedoch konkret zu werden, verspricht er Cotta, ein Werk bei ihm zu verlegen.
Einige Tage nach Schillers Abreise trifft ein Brief ein, in dem der umworbene Mann …


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