Überrascht von der Bibel

Überrascht von der Bibel

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783868276183
Untertitel:
Erstaunliche Einsichten zu strittigen Themen
Genre:
Sonstige Religionsbücher
Autor:
N. T. Wright
Herausgeber:
Francke-Buch GmbH
Auflage:
Auflage
Anzahl Seiten:
288
Erscheinungsdatum:
30.06.2016
ISBN:
978-3-86827-618-3

In diesem Buch gibt der renommierte Neutestamentler N. T. Wright herausfordernde Einsichten in die Bibel und klärt so manches Missverständnis auf, dem unsere christlichen Gemeinden unterliegen. Soll der Glaube öffentlich gelebt werden? Was sagt die Bibel zu Frauen in der Gemeindeleitung? Kann ein Naturwissenschaftler an die Auferstehung glauben? Wie bricht Gottes Reich auf der Erde an? Welchen Stellenwert hat die Schöpfung? Sind die alten Götzen wirklich tot? Was passiert am Ende der Zeit? Diesen und anderen brisanten Themen geht der Autor auf inspirierende, ermutigende und nicht zuletzt überraschende Weise nach.

Autorentext
Nicholas Thomas Wright, geb. 1948, seit 1971 verheiratet und Vater von vier Kindern. Er studierte Geschichte und Theologie in Oxford, promovierte 1981 mit dem Thema "The Messiah and the People of God: A Study in Pauline Theology with Particular Reference to the Argument of the Epistle to the Romans" und war von 2003 bis August 2010 anglikanischer Bischof von Durham (England). Seit September 2010 ist er Research Professor für Neues Testament und Frühes Christentum an der University of St Andrews (Schottland). Er ist einer der führenden neutestamentlichen Theologen und Leben-Jesu-Forscher im englischen Sprachraum.

Leseprobe
1. Den Graben zwischen Naturwissenschaft und Glauben überwinden Als ich noch in der Westminster Abbey tätig war, wurde ich in regelmäßigen Abständen von Besuchern vor allem von Amerikanern angesprochen: Ist es wirklich wahr, dass hier Charles Darwin begraben liegt? Einer der Touristinnen, die mich so etwas gefragt hat, konnte ich sogar mit Blick auf den Weg, den sie nach dem Abendgebet durch die Kirche genommen hatte, erwidern: Madam, ich glaube, Sie sind sogar auf ihn getreten. Das ist auch gut so, antwortete sie mit Nachdruck, was mir wiederum einiges über die Touristin offenbarte. Bei einer anderen Gelegenheit ist mir, als ich gerade an Darwins Grab vorbeiging, ein kleiner Haufen aus Blumen und Grußkarten aufgefallen. Offensichtlich hatten Schulkinder ihn dort hinterlassen, wobei die Grußkarten in der Regel so etwas wie Mr Darwin, wir lieben Sie verkündeten. Ich habe mich oft gefragt, was man ihnen wohl beigebracht hatte. Hatten ihnen ihre Lehrer die Geschichte der westlichen Kultur nach dem Muster vermittelt, wonach es vor Darwin nur Finsternis, Aberglaube, Vorurteile und den Würgegriff der Religion gegeben habe, bis dann durch Darwin höchstpersönlich eine neue Ära des Glücks, der Befreiung, des Wissens und der Menschlichkeit eingeläutet wurde? Wenn das keine in höchstem Maße selektive und vereinfachende Geschichtsschreibung ist, dann weiß ich nicht, wie so etwas aussehen sollte. Die Westminster Abbey zieht jedes Jahr Tausende von Besuchern aus allen Teilen der Welt an. Wie aber kommt es, dass anscheinend nur Amerikaner an Darwin interessiert sind und dabei auch sofort Stellung beziehen in diesem vermeintlichen Krieg, in dem allein schon sein Name so etwas wie ein Schlachtruf ist? Zu meiner Verteidigung muss ich sagen, dass ich Brite bin (und nicht Amerikaner) und Theologe (und nicht Naturwissenschaftler), womit ich bei den erwähnten Diskussionen zwangsläufig eine Außenseiterrolle einnehme. Trotzdem hoffe ich, an dieser Stelle unseren Blick auf drei spezifische Dinge richten zu können, die ein Außenseiter vielleicht besser erkennen kann als ein Insider. Zum Ersten möchte ich darauf hinweisen, dass die Diskussion zwischen Wissenschaft und Glaube in Nordamerika anders geführt und wahrgenommen wird als an vielen anderen Orten der Welt. Zweitens möchte ich andeuten, dass das wenigstens teilweise mit den epikureischen Fundamenten des sozialen Selbstverständnisses zu tun hat, das die Vereinigten Staaten seit dem ausgehenden achtzehnten Jahrhundert prägt. Deshalb ist die Pattsituation zwischen Naturwissenschaft und Glaube in Amerika analog zu sehen zu dem Patt zwischen Kirche und Staat beziehungsweise Religion und Politik. So kann keines der damit angesprochenen Themen für sich betrachtet, werden, ohne dass auch alle anderen Themenbereiche mit ins Spiel kommen. Aus diesem Grund möchte ich eine sehr viel radikalere Neuausrichtung der zugrunde liegenden Weltanschauungen andenken, als normalerweise in den Diskussionen über Naturwissenschaft und Religion üblich. Das, so hoffe ich, ist der Punkt, an dem ein biblischer Theologe einen brauchbaren Beitrag leisten kann. Die aktuelle Diskussion in Nordamerika Auf den Britischen Inseln hatten wir nie einen Scopes-Prozess. Natürlich hatten wir im Juni 1860 in Oxford die berühmt-berüchtigte öffentliche Debatte zwischen dem damaligen Oxforder Bischof Samuel Wilberforce und dem Naturwissenschaftler T. H. Huxley. Innerhalb einer Generation hat sich die Geschichte um diese Debatte verselbstständigt und wurde von einer Tradition überformt, die so stark war, dass diese Tradition schließlich als allgemeine Wahrheit akzeptiert wurde, obwohl die neuere Forschung nachweisen konnte, dass die Dinge keineswegs so klar und einfach lagen, wie es uns die Überlieferung glauben machen möchte. Gemäß jener Überlieferung fragte Wilberforce Huxley an einer Stelle, ob er eher väterlicher- oder mütterlicherseits vom Affen abstamme, worauf Huxley sinngemäß geantwortet haben soll, er stamme lieber vom Affen ab als von jemandem, der seine intellektuellen Gaben so grob missbrauche. Das ist jedoch nur eine legendarische Ausschmückung. Wie der Philosoph John Lukas schon vor einer Weile nachgewiesen und Stephen Jay Gould bestätigt hat, ist die Story, wonach der Agnostiker Huxley dem kirchlichen Dogma einen schweren Schlag versetzt und der Freiheit zum Durchbruch verholfen habe, in einer Zeit entstanden, in der die englische Mittelklasse im politischen Konkurrenzkampf mit der Aristokratie ein besonderes Interesse daran hatte, die Herkunft eines Menschen als unabhängig von dessen moralischem Wert darzustellen. Hinzu kommt, dass sich die naturwissenschaftliche Welt bis zum Ende des Jahrhunderts grundlegend verändert hatte. Während früher jeder am naturwissenschaftlichen Diskurs teilnehmen konnte (sofern er über die entsprechenden Mittel verfügte), waren es zu diesem Zeitpunkt fast nur noch die entsprechenden Fachleute. Das Bild von einer freien Wissenschaft, die über eine rückschrittliche Kirche triumphiert, passte also viel besser zu dem zunehmend unabhängigen Selbstverständnis der Naturwissenschaftler des Jahres 1890, in dem viele der entscheidenden Texte über die Episode zwischen Wilberforce und Huxley zu Papier gebracht wurden, als in die wesentlich unbekümmerteren 1860er-Jahre. Doch dort, im viktorianischen Zeitalter, blieb die Geschichte schließlich hängen, weswegen die meisten Menschen im heutigen Großbritannien eine verschwommene Vorstellung von einer Kirche haben, die die Menschen im Ungewissen lassen will, während uns die Wissenschaft von den Fesseln der Dogmatik und Ethik befreit habe. Der Schrecken zweier Weltkriege und der dazwischenliegenden Weltwirtschaftskrise gab den Menschen noch viel mehr Grund zur Besorgnis und eigentlich weit überzeugendere Gründe, die Grundlagen ihres überlieferten Glaubens infrage zu stellen. Ich wiederhole also das, was ich schon zuvor gesagt habe: Ich denke, dass im heutigen Großbritannien nur wenige Menschen ihren Glauben aufgrund naturwissenschaftlicher Erkenntnisse verlieren, obwohl einige, die ihn aus anderen Gründen aufgegeben haben oder nie einen Glauben besaßen, es recht bequem finden, nicht nur die alten Geschichten von Wilberforce und Huxley, sondern auch die noch älteren wie die von Kopernikus und Galileo hervorzukramen. In Amerika dagegen übte der Scopes-Prozess einen enormen Einfluss auf die Kultur aus und beschleunigte eine Polarisierung, die man anderswo in der Welt so nicht findet. Ich habe vor Kurzem einen der Klassiker der geistlichen Literatur wieder entdeckt, der mir als Teenager sehr viel Freude bereitet hat: Isobel Kuhns Buch Die mich suchen. Kuhn erlebte als Studentin aus einem christlichen Eltern…


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