Zeit des Überlebens

Zeit des Überlebens

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783887473082
Untertitel:
Tagebuch April bis Juni 1945
Genre:
Briefromane & Tagebücher
Autor:
Erich Reger
Herausgeber:
Transit Buchverlag GmbH
Anzahl Seiten:
159
Erscheinungsdatum:
01.08.2014
ISBN:
978-3-88747-308-2

Beobachtungen zwischen den Fronten vom Ende der Naziherrschaft bis zum Beginn eines neuen Regimes aufgeschrieben von einem der besten Journalisten seiner Zeit.

Dieses hier erstmals veröffentlichte Tagebuch von Erik Reger ist ein einzigartiges Dokument der Zeitenwende 1945. Es ist das minutiöse und unverfälschte Protokoll darüber, wie ein gewaltiger weltgeschichtlicher Umbruch (die Niederlage der NS-Herrschaft, das Kriegsende, der Sieg der Roten Armee und der Beginn einer anderen politischen Ordnung) in einem kleinen Dorf stattfindet und von seinen Bewohnern wahrgenommen wird. Detailliert wird darin erzählt, wie sich die Niederlage des NS-Regimes in Gerüchten ankündigt, wie Parteigenossen "Vorbereitungen" für die Zeit danach treffen, wie sich die russischen Offiziere und Soldaten verhalten, was Flüchtlinge erlebt haben, wie schnell sich gerade linientreure Volksgenossen der neuen Ordnung anpassen. Reger und seine Frau blieben damals verschont, weil sein Roman "Union der festen Hand" 1934 in der Sowjetunion veröffentlicht worden war, und er ein Exemplar davon (von seinem Verleger Ernst Rowohlt besorgt) den russischen Soldaten präsentieren konnte.

Autorentext
Erik Reger (eigentlich Hermann Dannenberger) war vor und nach der Nazizeit einer der bekanntesten Schriftsteller und Journalisten in Deutschland. 1893 in Bendorf am Rhein geboren, war er von 1919 bis 1927 Pressereferent und Bilanzkritiker bei der Krupp AG. Er kündigte dort Ende 1927, arbeitete als Theater- und Literaturkritiker und veröffentlichte 1931 den Roman »Union der festen Hand«, in dem es um die Verbindungen zwischen einem mächtigen Industriekonzern und die rechten Parteien (bis zur NSDAP) ging. Für diesen Roman, ein Bestseller, erhielt Reger, zusammen mit Ödön von Horvath, 1931 den Kleistpreis. Das Buch (auch nach dem Krieg bis heute immer wieder als Taschenbuch veröffentlicht und in den siebziger Jahren verfilmt) wurde 1933 verbrannt und verboten, Reger emigrierte in die Schweiz, bekam aber keine Aufenthaltserlaubnis und musste 1937 nach Deutschland zurück; er zog nach Berlin und war Lektor in einem Verlag. Von 1943 bis zum Sommer 1945 lebte er mit seiner Frau in dem Dorf Mahlow südlich von Berlin und schrieb dort dieses Tagebuch, das vor kurzem von Andreas Petersen in seinem Nachlass entdeckt wurde. Im September 1945 wurde Erik Reger Lizenzträger, Herausgeber und Chefredakteur der Tageszeitung DER TAGESSPIEGEL. Er gilt als einer der Pioniere einer freien Presse nach der NS-Zeit. Er starb 1954 in Wien. Der Herausgeber, Andreas Petersen, 1961 in Köln geboren, lebt als Historiker in Zürich und Berlin.

Leseprobe
Aus der Richtung des Bahnhofs kommt die Frau Heß mit einer weiteren Frau, mit einem russischen Soldaten und einem Zivilisten. Nachher, als ich ihr begegne, sagt sie, sie hätte ihr Haus verlassen und Unterkunft jenseits der Bahn bei Frau Heller, die perfekt russisch spräche, gefunden. Das sei die Dame, die mit ihr gekommen sei. "Wissen Sie denn nicht, wie mein Mann vergangene Nacht mißhandelt wurde? Sie haben ihn mit Maschinenpistolen den Kopf zerschlagen, weil sie mich nicht bekommen haben, ich weiß nicht, ob mein Mann mit dem Leben davonkommen wird, er lag die ganze Nacht blutend im Keller bei uns, die Ärztin sagt, es wird eitern. Ich bin beim Kommandanten gewesen Ich unterbreche sie: Gibt es denn einen Kommandanten? Ja, der höchste Offizier im Ort sei provisorischer Kommandant. Er habe ihr einen Soldaten mitgegeben, der habe sich die Verwüstungen in ihrem Hause angesehen und den Kopf geschüttelt. Und weiter? frage ich. Nichts weiter. Ich schweige. Die Frau Heß war mir vorher so wenig wie alle anderen hier bekannt. Nach ihren Worten habe ich den Eindruck eines gewissen Typs von Frau, den man in Berlin angeberisch nennt, der das große Wort führt und den Ehemann bemuttert, indem er ihm andichtet, kränklich oder schwach, jedenfalls bemutternswert zu sein. Was soll man zu alledem sagen?
Noch im Laufe des Vormittags sehen wir einen weiteren Russen bei Heß durch das Gartentor gehen. Das penetrante Hausmädchen steht wieder mit nackten Armen fuchtelnd an der Türschwelle. Nach einem Wortwechsel haut ihr der Russe rechts und links um die Ohren und betritt dann das Haus.


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