Untertitel:
Außenseiter im universitären Milieu
Herausgeber:
Bussert Dr. + Stadeler
Erscheinungsdatum:
30.06.2008
Im ursprünglichen Wortsinn ist der »Outsider« ein Rennpferd mit geringen Siegesaussichten. Wer darauf setzt, geht zumeist leer aus, kann aber bei einem Überraschungserfolg hohe Wettsummen einstreichen. Auch in der Universitätsgeschichtsschreibung wird auf den Außenseiter, also denjenigen, der es in der Regel nicht zur ordentlichen Professur brachte und dessen Karriere nicht selten außerhalb der Universität endete, wenig gegeben. Dabei ist gerade die Wissenschaftsgeschichte voll von tragischen Helden, die scheiterten. Ob in ihrer Zeit oder aus der besser wissenden Perspektive der Nachgeborenen: oft galten und gelten sie als ketzerische, bisweilen kauzige Querulanten - eben als Außenseiter im universitären Milieu, die den akademischen Betrieb mit ihren »unebenen« Biografien aber mindestens ebenso stark prägten wie die Ordinarien. Sie verliehen ihm so etwas wie ein zweites Gesicht.
Der Band versammelt biografische Essays zu weitgehend unbekannten Außenseitern des universitären Milieus und will dabei doch mehr sein als ein anekdotenreiches Kuriositätenkabinett: eine andere Universitätsgeschichte.
Im ursprünglichen Wortsinn ist der 'Outsider' ein Rennpferd mit geringen Siegesaussichten. Wer darauf setzt, geht zumeist leer aus, kann aber bei einem Überraschungserfolg hohe Wettsummen einstreichen. Auch in der Universitätsgeschichtsschreibung wird auf den Außenseiter, also denjenigen, der es in der Regel nicht zur ordentlichen Professur brachte und dessen Karriere nicht selten außerhalb der Universität endete, wenig gegeben. Dabei ist gerade die Wissenschaftsgeschichte voll von tragischen Helden, die scheiterten. Ob in ihrer Zeit oder aus der besser wissenden Perspektive der Nachgeborenen: oft galten und gelten sie als ketzerische, bisweilen kauzige Querulanten eben als Außenseiter im universitären Milieu, die den akademischen Betrieb mit ihren 'unebenen' Biografien aber mindestens ebenso stark prägten wie die Ordinarien. Sie verliehen ihm so etwas wie ein zweites Gesicht. Der Band versammelt biografische Essays zu weitgehend unbekannten Außenseitern des universitären Milieus und will dabei doch mehr sein als ein anekdotenreiches Kuriositätenkabinett: eine andere Universitätsgeschichte.
Autorentext
Michael Ploenus ist Projektmanager in der Geschichtswerkstatt Jena e.V.
Leseprobe
Universitätsgeschichte durch die Hintertür Einführung der Herausgeber Denn die einen sind im Dunkeln/Und die andern sind im Licht/ Und man siehet die im Lichte/Die im Dunkeln sieht man nicht.« Brecht/Dreigroschenoper In der Fülle der Jubiläumsliteratur, die zum Geburtstag einer traditionsreichen Hohen Schule wie der Alma mater Jenensis erscheint, darf ein Band über universitäre Außenseiter nicht fehlen. Vermutlich wird er sogar Seltenheitswert behalten. Denn wie die allermeiste überlieferte Geschichte handelt auch die Universitätsgeschichte, wo nicht als bloße Quantität und Ressource für etwas Anderes entpersonalisiert, gern und gar nicht zu Unrecht von außergewöhnlichen Leistungen außergewöhnlicher Menschen. So wie es dort allenthalben um berühmte Religionsstifter, Künstler, Revolutionäre, Diktatoren oder Sportler geht, so sind es hier Wissenschaftler, die sich aus der grauen Masse ihrer Kollegen durch zumeist exzellente Forschung herausheben. Es scheint fast, als würde alles nur, wie in Literatur, Musik oder Malerei, auf Originalität und Erfindungsreichtum, mithin auf der Außergewöhnlichkeit dieser Genialen fußen. Und in der Tat: Was wäre die schöngeistige Literatur ohne ihre strahlenden Helden? Aber was könnten wir aus ihr lernen, gäbe es nicht auch den strauchelnden Verlierer? Scheitern und erfolglose Andersartigkeit sind die Kehrseite humaner Glücksversprechen, ja sie gehören wie selbstverständlich dazu. Daher der Außenseiter. Streng genommen gehört auch dessen schwer zu fassende Figur zum Außergewöhnlichen, betrifft also jene Merkwürdigen, die aus einer vermeintlich homogenen Menschheit herausfallen. Und doch denken wir bei Außenseitern zuerst an Gescheiterte und Gestrandete an Ciceros catilinarische Existenzen vielleicht; oder an die hoffnungslos Verbohrten, die sich in obskure Ideen und Ansichten verrannten. Ihre triumphierenden Antipoden hingegen werden nicht selten als erfolgreiche Genies gefeiert. Zwingend ist das nicht. Denn Helden und Antihelden sind oftmals nur Gewinner und Verlierer besonderer wechselvoller Umstände und keineswegs für immer so oder so in unserer Wahrnehmung fixiert. Es hätte auch anders kommen können. Wer heute als Heiliger firmiert, kann morgen schon als Ketzer gelten und umgekehrt. Hochverrat ist immer eine Frage des Datums. Im Wesen des Menschen liegt es nun aber einmal, sich für Außergewöhnliches zu begeistern. Dabei sympathisiert man bekanntlich eher mit den Verlierern und »ewigen Zweiten« als mit den Siegern. Eine empirisch psychologische Studie der University of South Florida hat jüngst erst wieder gezeigt, dass unsere Zuneigung im direkten Vergleich mit großer Wahrscheinlichkeit dem underdog gehören würde,1 dass wir also mit David gegen Goliath fieberten. Kinder mögen es bekanntlich, wenn der Schwache über den Starken triumphiert. Es kommt selten genug vor. Dabei ist die Wissenschaftsgeschichte vielleicht sogar ein Sonderfall, wo es zumal nicht vordergründig um Sieger und Besiegte geht. Schon ein flüchtiger Blick in ihre Annalen zeigt, dass es zumeist Außenseiter, Randfiguren waren, die gegen den Widerstand ihrer Zunft, Neues auf den Weg brachten. Bisweilen leiteten sie sogar »Paradigmenwechsel«2 im Denken und Forschen ein. Auch hier erweist es sich, dass der Strom der Geschichte vor allem an seinen Ufern reizvoll ist. Wer immer den Fortschritt lobt, muss nolens volens ein Hohelied auf die Außenseiter und Unbehausten im eigenen Nest anstimmen. Im ursprünglichen englischen Wortsinn ist der »Outsider« übrigens ein Rennpferd mit geringen Siegesaussichten. Wer darauf setzt, geht zumeist leer aus, kann aber bei einem Überraschungserfolg hohe Wettsummen einstreichen. Auch in der herkömmlichen Universitätsgeschichtsschreibung wird auf den Außenseiter, also denjenigen, der es in der Regel nicht zur ordentlichen Professur brachte und dessen Karriere nicht selten außerhalb der Akademie endet, wenig gegeben. Dabei ist gerade die Wissenschaftsgeschichte voll von tragischen Helden, deren akademische Karriere, bemessen an inneruniversitären Maßstäben, scheiterte. Ob in ihrer Zeit oder aus einer besser wissenden Perspektive der Nachgeborenen: oft galten und gelten sie als ketzerische, bisweilen kauzige Querulanten, die den akademischen Betrieb mit ihren unebenen Biografien ebenso stark prägten wie die angekommenen, nicht selten angepassten Ordinarien. Sie gaben der Universität ein zweites Gesicht. Es waren diese anderen Gesichter, die uns interessierten und nachstehend in Gestalt biografischer Essays versammelt wurden. Gehalten sind die Texte streng wissenschaftlich bis anekdotisch launig. Eine tiefere Systematik liegt der Zusammenschau nur insoweit zu Grunde, als deutsche Universitätsgeschichte vom Ausgang des 15. bis ins 20. Jahrhundert entlang der behandelten Wissenschaftlerbiografien erzählt wird. Diese begegnen uns in Gestalt des politischen Professors, die sich gegen die herrschende Ideologie stellt; des verlotterten Privatdozenten der Mathematik, der von der Universität entfernt wird, um hernach dennoch als Erfinder der Relativitätstheorie zu gelten; des versponnenen Musealen mit unbändiger Sammler- und Entdeckerwut; des Orchideenfachgelehrten ohne Hörer; des Spätberufenen, der es erst mit siebzig zum Professor bringt; des Armenphysikers, der seine Experimente nicht nur im Hörsaal, sondern auch den Leu- ten auf der Straße vorführt; des für Logik schwärmenden Militärs, ohne den das Kollegium des weltberühmten Gelehrten hätte ausfallen müssen. Studierende und dozierende Frauen am Rande der gelehrten Männerwelt vervollständigen das Bild. Unter den vielen Unbekannten finden sich au…
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