Kultivierte Wildnis

Kultivierte Wildnis

Einband:
Fester Einband
EAN:
9783943866834
Untertitel:
Geschichte des Murnauer Mooses
Genre:
Kulturgeschichte
Autor:
Christine Rädlinger
Herausgeber:
Schiermeier, Franz
Anzahl Seiten:
208
Erscheinungsdatum:
27.11.2019
ISBN:
978-3-943866-83-4

Das Murnauer Moos ist eines der mäch­tigsten Moorgebiete Mitteleuropas. Über Jahrhunderte hinweg wurde das Moor von ­ Menschen ausgebeutet, große Bereiche als Viehweiden und sogar Wiesen genutzt. Im 20. Jahrhundert begannen der Abbau der Torflager und die Gewinnung von ­Glaukonit an den Köcheln. Seit der Frühzeit nutzten Menschen eine wichtige Fernstraße entlang der Loisach, heute queren das Moos eine Autobahn und eine Bundesstraße. Im 20. Jahrhundert formte sich aber auch Widerstand gegen die Ausbeutung und seit 1980 steht das Murnauer Moos unter Naturschutz. Die Historikerin Christine Rädlinger beschreibt die lange Nutzungsgeschichte des Murnauer ­Mooses. Ihre umfangreiche Recherche wird ergänzt durch einen Bericht der Bio­login ­Sabine Tappertzhofen. Sie schildert die Entstehung und Entwicklung der vorhandenen Moortypen mit ihren unterschiedlichen ­Pflanzengesellschaften und die Einflüsse menschlicher Nutzung auf dieses bedeutende Feuchtgebiet.

Leseprobe
Das Murnauer Moos im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zählt heute mit etwa 32 Quadratkilometern zu einem der ausgedehntesten und mit Torflagen von vereinzelt bis zu 20 Metern Dicke wohl auch mächtigsten Moorgebieten Mitteleuropas. Die Existenz unterschiedlicher Moortypen und ­verschiedenartiger Gewässer in diesem Moor bilden die Lebensgrundlage selten gewordener Pflanzen und Tiere, die in dem großflächigen Feuchtgebiet überleben können ein Grund für den Schutz ­dieses Moores vor weiteren Eingriffen und Veränderungen. Seit 1980 steht das Moor daher unter Naturschutz. Aber auch die klimatische Bedeutung des Moores ist unschätzbar groß: So kann es große Mengen an Regenwasser speichern und sehr verzögert an seine Umgebung wieder abgeben angesichts der zu erwartenden Zunahme von Starkregenereignissen ein ganz wesentlicher Faktor für den Hochwasserschutz. Daneben speichert es seit der letzten Eiszeit große Mengen an Kohlenstoff; bei einem Austrocknen des Moores würde der Kohlenstoff als CO2 frei werden und damit weiter zur derzeitigen Erwärmung der Erde beitragen. In diesem Fall bedeutet Naturschutz also Klimaschutz. Die Randbereiche des Moores sind heute kultiviert und werden landwirtschaftlich genutzt. Nur im ­Zentrum ist die ursprüngliche Moorlandschaft noch gut sichtbar. Dieser erste Eindruck jedoch täuscht, denn über Jahrhunderte hinweg wurde das Moor in fast allen seinen Bereichen von Menschen erschlossen und für seine Zwecke auch verändert. Und über Jahrhunderte hinweg war es in einigen Bereichen nicht dieser stille und geschützte Ort, als den wir das Moos heute kennen. Schon in der frühen Bronzezeit existierte wohl entlang der Loisach und damit am Rand des Moores ein wichtiger Fernhandelsweg, der aus dem Inntal kommend weiter nach Norden führte. In der Römerzeit wurde diese Fernstraße und die Verbindung über MurnauWeilheim nach Augsburg aus­gebaut. Für einige Jahrzehnte existierte sogar eine zweite Straßenverbindung am Fuß des Aufackers; für die römische Siedlung auf dem Moosberg entstanden weitere Wegeverbindungen durch das Moor. Der Handelsweg am Moor war auch in den folgenden Jahrhunderten eine wichtige und regelmäßig frequentierte Fernstraße. Seit dem Mittelalter aber begannen die Bewohner der umliegenden Dörfer das Moor stärker für landwirtschaftliche Zwecke zu nutzen. Es war deshalb unterteilt in Gebiete, deren Nutzung den jeweiligen Dörfern überlassen waren. Der Moorbereich war Teil der dörflichen Allmende und trug deshalb auch die Namen der dörflichen Gemeinden: Eschenloher Moos, Ohlstädter Filz oder eben Murnauer Moos. Da die Bauern der umliegenden Gemeinden das Recht hatten, im Wald und in den Filzen Bäume zu fällen, war Torf als Heizmaterial uninteressant; vor flächendeckenden Eingriffen blieben die mächtigen Torflager daher weitgehend verschont. Schon im Mittelalter aber zogen die Bauern dort Gräben und veränderten damit die hydrologischen Verhältnisse im Moor. Der beginnende Tourismus entdeckte das Murnauer Moos vorerst nicht, Wanderungen im Moor blieben einigen wenige Forschern vorbehalten. Mit dem 20. Jahrhundert aber begann der industrielle Gesteinsabbau an zwei der Köchel. War über Jahrhunderte hinweg das Moor trotz der dort ausge­übten Jagd, der Beweidung mit großen Herden und dem regelmäßigen Abmähen der Streuwiesen ein stiller Ort, zog nun der Lärm der neuen Anlagen und nach Sprengungen auch Staubwolken über das Moor, die sich auf der Vegetation absetzten und eine Staubschicht hinterließen. Gleichzeitig aber formte sich auch der Widerstand von Menschen, die sich für den Schutz des Moores einsetzten und bereits früh einen gewissen Schutzstatus für diese außergewöhnliche Landschaft erreichten. Mit der wachsenden Motorisierung wurde das Moor für Einheimische und Touristen zu einem vielfältig nutzbaren Ausflugsziel. Einige Moor-Seen waren gut mit dem Auto oder dem Motorrad erreichbar, von einem kleinen Flugplatz konnte man zu Erkundungsflügen aufbrechen. Seitdem für das Moor der Status eines Naturschutzgebietes erreicht werden konnte, ist es hier wieder ruhiger geworden. Christine Rädlinger


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