Im Block

Im Block

Einband:
Kartonierter Einband
EAN:
9783813502367
Untertitel:
Deutsch
Genre:
Erzählende Literatur & Romane
Autor:
Walter Kempowski
Herausgeber:
Knaus Albrecht
Anzahl Seiten:
320
Erscheinungsdatum:
16.03.2004
ISBN:
978-3-8135-0236-7

Wie kaum ein Schriftstellerleben ist die Biographie Walter Kempowskis von der Geschichte der beiden deutschen Staaten geprägt. Seine Erzählung »Im Block« ist die unbestechliche Momentaufnahme einer Zwangsgemeinschaft am Rande der Gesellschaft. Im Jahr 1948 wird der 19jährige Walter Kempowski aus Rostock wegen angeblicher Spionage von einem sowjetischen Militärgericht zu 25 Jahren Haft verurteilt. Acht Jahre sitzt er im berüchtigten DDR-Zuchthaus Bautzen. Dann wird er begnadigt. 1969 erscheint sein beklemmender literarischer Bericht aus einer Welt außerhalb des bürgerlichen Alltags. »Im Block«, das ist ein Leben in drangvoller Enge, isoliert, passiv, inhaltsarm. Die Häftlinge bilden eine eigene Gesellschaft, die geprägt ist vom Eingeschlossensein, von qualvoll gedehnter Zeit und von seltenen Augenblicken, die nur entfernt an das Glück eines erfüllten Daseins erinnern. Entstanden sind eindringliche, scharf ausgeleuchtete Bilder einer Existenz, die den Betroffenen all das verweigert, was menschliche Selbstverwirklichung ausmacht: Arbeit, Liebe, Besitz. 1987 erschien dieser Bericht, der den Beginn der schriftstellerischen Existenz Walter Kempowskis markiert, erstmals im Knaus Verlag, ergänzt um während der Haft angefertigte Zeichnungen des Autors.


Ausstattung: 30 s/w-Abbildungen

"Das Ungewöhnliche dieses Buches liegt in seinem stilistischen wie moralischen Gestus. Ohne Sentimentalität oder Pathos wird hier eher kühl, in jedem Fall leidenschaftslos und daher umso eindringlicher registriert."

Autorentext
Walter Kempowski wurde am 29. April 1929 als Sohn eines Reeders in Rostock geboren. Er besuchte dort die Oberschule und wurde gegen Ende des Krieges noch eingezogen. 1948 wurde er aus politischen Gründen von einem sowjetischen Militärtribunal zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Nach acht Jahren im Zuchthaus Bautzen wurde Walter Kempowski entlassen. Er studierte in Göttingen Pädagogik und ging als Lehrer aufs Land. Seit Mitte der sechziger Jahre arbeitete Walter Kempowski planmäßig an der auf neun Bände angelegten "Deutschen Chronik", deren Erscheinen er 1971 mit dem Roman "Tadellöser & Wolff" eröffnete und 1984 mit "Herzlich Willkommen" beschloss. Kempowskis "Deutsche Chronik" ist ein in der deutschen Literatur beispielloses Unternehmen, dem der Autor das mit der "Chronik" korrespondierende zehnbändige "Echolot", für das er höchste internationale Anerkennung erntete, folgen ließ.Walter Kempowski verstarb am 5. Oktober 2007 im Kreise seiner Familie. Er gehört zu den bedeutendsten deutschen Autoren der Nachkriegszeit. Seit 30 Jahren erscheint sein umfangreiches Werk im Knaus Verlag.

Leseprobe
Im Morgengrauen holten sie mich aus dem Bett. Zwei trugen Lederjacken. Da hast du was zu melden, wenn du wieder rberkommst, dachte ich. Einer nahm aus dem Wheschrank Briefe und Tagebcher. Ein anderer strich ber die Tapete.
Zwei Pullover zog ich mir ber, meinen Ring konnte ich unbemerkt in die Nachttischschublade abstreifen.

Sie legten mir keine Handschellen an. Beim Hinuntergehen fae einer mit zwei Fingern meinen Ellbogen.
Oben stand meine Mutter mit aufgelstem Haar.
Auf der Stra Doppelposten mit Gewehr.
Im Fenster des Hausmeisters bewegte sich die Gardine; im Schaufenster der Drogerie Fotos vom Strand.

Im Opel Olympia: Trug der Fahrer eine Pickelmtze?
(In Riga erstach man die Stadtverordneten und warf sie in einen Brunnen.)
Ich hielt mich an der Troddel fest und suchte die Stra nach Bekannten ab. Da drben hatte immer der alte Weltzin in seinem Erker gesessen.

Ein Bretterzaun versperrte die verbotene Villenstra. Glatzkpfige Russenkinder davor. Rasch war der Schlagbaum aufgeseilt, ein Ausweis wurde nicht verlangt. Alle Tren standen offen. Von Offizieren geleitet, schritt ich die Treppe hinauf.
Der Wachhabende saauf einem Gartenstuhl. Er hatte die mel hochgestreift.

Im Keller nahm mich ein freundlicher Mongole entgegen. Krawatte abbinden ich trug eine rote , Schnrsenkel herausziehen, Brieftasche hingeben. Brille ab.
Mit Stacheldraht umwobene Gitterst: Kette und Schu Vor der Nachbarzelle stand eine Beinprothese.

Erstes Verhr in einem Wohnzimmer.
An der Wand ein Stalin Bild. Drei Offiziere mit henden Orden um mich herum. Ich antwortete nach allen Seiten.
Einer strich mir bers Haar: Guter Junge.
Er stellte ein Bein auf den Stuhl, fummelte an meinem Identification Pass und zte es an den Fingern her: Aus dem Westen gekommen, Labor Company der U.S. Army, Ami Hose also Spion.
Im Stranlautsprecher Chopin.

Ich war drei Schritte hinter mir. Gro Entfernung trotz Naheinstellung. Zahlenziffern am Fadenkreuz. Kein He doch, kein Gedanke an Morgen, keinerlei Reim.
Reines Heute.

Im Keller schlossen sie mich in eine provisorische Zelle. War das ein Weinkeller gewesen? Ein Kanten Brot lag auf dem Kbel.
Ich legte mich auf die Pritsche und zitterte am ganzen Leib. Nach einer halben Stunde waren sechs Stunden vergangen. Sie schlossen mich wieder heraus.

Ich mue wieder in das Auto steigen. Rasche Fahrt durch Regen. Der Begleiter gab mir eine Zigarette nach der andern.
An einer Bahnschranke gab es Aufenthalt. Gute Fluchtgelegenheit: Sie lien mich aussteigen zum F vertreten. Keine Hunde, keine Fessel, Wald.
Der Zug fuhr langsam vorber.
Spbends waren wir in Schwerin.
Dunkle Toreinfahrt in weieworfener Wand. Auf der Zinne zerbrochenes Glas.
(Hier kriegst du Prgel.)
Der Begleiter bekam fr mich eine Quittung und ging fort, ohne mich noch einmal anzusehen.

Weh mir, wenn es Winter wird!

Ein Mensch, vor dem ich sehr erschrak, ffnete mir Jacke und Hose.
Er suchte nach Waffen.
Dann trieb er mich durch Ge schnll! schnll! und schob mich in eine Zelle. Es war die Nummer 54.
Wrde man hier spr einmal eine Bronzetafel zur Erinnerung an meine Leidenszeit anbringen?
Nix sprechen, nix liegen, nix schlafen, nix singen, nix klopfen, nix Fenstergucken, sagte der Posten. Alle brigen Verbote hatte ich zu ahnen.
Ich hte meinen Mantel an einen Haken in der Tr. Da klatschte es draun. Ich hatte eine Signalvorrichtung ausgelst, durch die der Posten herbeigerufen wurde.
Er kam schimpfend angerannt und donnerte gegen die Tr.

Die Zelle war leer. Eine eingebaute Pritsche mit Strohsack als einziger Einrichtungsgegenstand.
Ich stellte mich an die Heizung und wte mir die F.
Irgendwo klopfte es. Im Terrazzofuoden tausend Bilder: Hund, Fisch, Palme. Eine alte Frau mit Holz.
Jemand hatte ins Trinkwasser gerotzt.

Ich legte mich auf die Pritsche.
Kaum lag ich, kam der Posten. Nix liegen! Erst wenn die Glocke klingelte, war das Schlafen erlaubt.
Also wieder hoch und warten. Bis gegen Mitternacht wanderte ich auf und ab, dann endlich klingelte es.

Am anderen Morgen studierte ich an den gekalkten Wen die Kritzeleien meiner Vorger:

Und wieder ging ein junges Leben
unaufgeblht ins Grab,
das allzu hastge Streben
riihm den Faden ab.

Ein Mensch namens Lunow hatte sich wohl zwanzigmal verewigt. Ich schrieb meinen Namen berall dahinter.

An allen Wen Kalender. Einer mit siebzig Strichen.
Ich legte mir gleich drei an. 8. M 1948. erm Bett einen, wenn ich aufwachte, an der Tr und unter dem Fenster. Die Striche machte ich fr eine Woche im voraus. So lange wrde ich ja doch noch sitzen.
Mit dem Austreten wars schwierig; als Kbel diente eine Vase mit engem Hals.

Ob sie uns lieben oder hassen
einmal mssen sie uns doch entlassen.

Gegen neun Uhr reichte mir der Posten einen Kanten Brot. Dazu gesen Gerstenkaffee und eine Vitamintablette.
Endlich konnte ich auch das Trinkwasser wechseln. Die Aule schwamm davon.

Zu Mittag beka…


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